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Die Geschichte einer Katastrophe: Hintergrundbericht zu Ruanda von Peter Meienberg (Sonntag, 15.9.94)
Lesen Sie den Bericht im Boston Globe vom 1. August 1994 zum Einsatz von Peter Meienberg im Flüchtlingslager in Goma/Zaire.
Bericht im Sonntag zur situation in Goma vom 15. September 1994 von Peter Meienberg.
Bericht in der Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26. April 2000 zur Arbeit von Peter Meienberg mit Flüchtlingen in Nairobi.
Die Geschichte von V. M., Oktober 2001:
«Wie und warum ich als Flüchtling nach Nairobi kam»
Rede eines Flüchtlings aus einem Projekt von P. Meienberg zum Jahresende 2001 (in Englisch)

Sonntag Nr. 37, 15.9.94

Die Geschichte einer Katastrophe

Jahrhundertelang haben Hutu (85%) und Tutsi (15%) in Ruanda zusammengelebt als zwei Segmente der gleichen Nation und einer gemeinsamen Sprache. Erst die Kolonialmächte haben die beiden Gruppen gegeneinander ausgespielt und die hochgewachsenen, hellen und feingliedrigen Tutsi als Herrscher über die plumperen Hutu-Bauern eingesetzt. Doch die besser ausgebildeten Tutsi merkten zuerst, dass Ende der fünfziger Jahre die politische Unabhängigkeit zum Greifen nahe war. 1959 kam der Umschwung: Staat (Belgien) und katholische Kirche (unter Erzbischof Perraudin)  verliessen sich nun auf die Hutu, die in den  folgenden Jahren 20000 Tutsi ermordeten, so dass weitere 150000 Tutsi nach Uganda  flohen. Nach der Unabhängigkeit 1962 ging die gesamte politische Macht an die Hutu über, wogegen die Tutsi im Handel und in den freien Berufen führend blieben. 1973  wurde der erste (demokratisch gewählte) Hutu-Präsident, Gregorie Kayibanda, von einem Hutu-General, Juvenal Habyarymana, gestürzt, der dann 1975 das Einparteien-System einführte. Die ersten Jahre seiner Regierung waren wirtschaftlich und sozial von Erfolg gekrönt: Ruanda wurde oder blieb das Lieblingskind der Ersten Welt; auch ein Schwerpunktland der Schweiz. Es zeichnete sich aus durch eine gute Infrastruktur, ein exzellentes Strassennetz, effiziente Telekommunikation, gute Schulen und Spitäler, Kooperativen und Darlehenskassen, eine blühende Wirtschaft (mit Kaffee als Hauptprodukt); kurz ein Staat, der funktionierte, ganz im Gegensatz zum westlichen Nachbar Zaire, wo schon längst nichts mehr ging. Doch die Regierung wurde zusehends autoritärer und korrupter, ganz ähnlich wie in Kenia. 
In der Zwischenzeit waren die Tutsi-FIüchtlinge in Uganda vom damaligen Präsidenten Milton Obote ausgewiesen worden. Als Folge davon liessen sie sich in die Nationale Widerstandsarmee (NRA) von Yoweri Museveni eingliedern, der mit seinen Truppen 1986 in Kampala die Macht übernahm. Die jungen Tutsi, nun englisch sprechend, wurden aber auch jetzt noch nicht voll akzeptiert. So blieb nur ein Ausweg: der Guerilla-Krieg. Exil-Tutsi und dissidente Politiker in Ruanda vereinigten sich in der Ruandesischen Volksfront (FPR) und drangen 1990 in Nord-Ruanda ein. Dieser Krieg dauerte bis zum August 1993 und machte 900000 Menschen heimatlos. Habaryamana erweiterte seine Armee von 5000 auf 35000 und hob eine Bürgermiliz aus, die berüchtigte lnterahamwe, wobei Frankreich, Àgypten und Südafrika die Waffen lieferten. Im August 1993 gelang es der OAU, ein Friedensabkommen zwischen Regierung und FPR auszuhandeln mit der Absicht, politische Opposition und Guerillakräfte im Staat zu integrieren. Die Regierung fühlte sich überrundet. Sie, legte dem Abkommen alle nur möglichen Hindernisse in den Weg. Nun geriet der Präsident von drei Seiten unter Beschuss: von den inter­nationalen Vermittlern, der Opposition und von seinen eigenen Parteileuten, denen er nicht extrem und hart genug war. Gerade sie brachten ihn um, indem sie mit einer französischen Rakete sein Flugzeug beim Anflug auf Kigali am 6. April 1994 zum Absturz brachten; es wurde der Startschuss zur Eliminierung der gesamten Opposition. Genau vorbereitete Todeslisten ermöglichten zum ersten die Ermordung der gemässigten Hutu-Politiker, später die von Richtern, Bürgerrechtlern, Intellektuellen, Priestern und Nonnen, Journalisten und Handelsleuten. Erst dann begann die Jagd auf die gewöhnlichen Tutsi, ein Genözid, bei dem Gendarmerie, Ortsvorsteher und Bürgermiliz Hand in Hand arbeiteten und durch die halbstaatliche Radio Télévision Libre Mile Collines auf satanische Weise angefeuert wurden. Die «Endlösung» war in Sicht! Zum erstenmal in der Geschichte wurden Kirchen Und Klöster als letzter Zufluchtsort nicht mehr respektiert und darin Kinder, Frauen und Männer umgebracht. Die westliche Welt schaute zu...
Für uns Missionare aber stellt sich die traurige Frage, was im Prozess der Evangelisierung schiefgegangen ist, dass Menschen, die sich zu 90% zum Christentum bekennen und denen seit vier Generationen das Evangelium verkündet wird, zu solchen Greueln fähig sind, und was wir nun tun müssten, um anderswo ähnliche Vorkommnisse zu verhindern.

P. Peter (Hildebrand) Meienberg OSB

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